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Thema: Extremwertaufgabe

  1. #1

    38 Jahre alt
    aus gesprochen sinnlos unterwegs...
    155 Beiträge seit 04/2002

    Extremwertaufgabe

    Ist glaub ich so ne Standardaufgabe: viel hoch muss die gleichmäßige Geschwindigkeit einer Fahrzeugkolonne sein, damit möglichst viele Autos innerhalb bekannter Zeit ein unbekanntes (=egal) Stück Straße passieren?

  2. Nach oben    #2

    41 Jahre alt
    871 Beiträge seit 09/2004
    ist die aufgabe genau so gestellt?

  3. Nach oben    #3

    44 Jahre alt
    aus Ulm
    332 Beiträge seit 11/2002
    Zitat Zitat von cheekwaii
    Ist glaub ich so ne Standardaufgabe: viel hoch muss die gleichmäßige Geschwindigkeit einer Fahrzeugkolonne sein, damit möglichst viele Autos innerhalb bekannter Zeit ein unbekanntes (=egal) Stück Straße passieren?
    Hast Du denn sonst keine weiteren Angaben, zum Beispiel irgendwelche begrenzenden Faktoren? Geht es evtl. darum, dass die Straße eine Verengung darstellt?

    Denn sonst kann man ja z.B. einfach sagen, dass genau dann möglichst viele Autos innerhalb einer bekannten Zeiteinheit eine Straße passieren, wenn sie alle möglichst schnell fahren (sich die Kolonne also mit unendlich hoher Geschwindigkeit bewegt). Das ist so natürlich Unsinn, aber ich weiß gerade nicht, unter welchen Rahmenbedingungen man das optimieren soll.

    Vielleicht hilft es ja, wenn Du irgendwie schreibst, in welchem Zusammenhang die Aufgabe gestellt wurde.

    Gruß,
    Steffen

  4. Nach oben    #4

    38 Jahre alt
    aus gesprochen sinnlos unterwegs...
    155 Beiträge seit 04/2002
    bremsweg und schrecksekunde müssen berücksichtig werden, daher geht schnellst mögliche geschwindigkeit nicht.

  5. Nach oben    #5

    44 Jahre alt
    aus Ulm
    332 Beiträge seit 11/2002
    Zitat Zitat von cheekwaii
    bremsweg und schrecksekunde müssen berücksichtig werden, daher geht schnellst mögliche geschwindigkeit nicht.
    Ah okay, ich glaube, so langsam kann ich mir grob vorstellen, worauf Du hinauswillst bzw. um was es bei dieser -sehr allgemein gehaltenen- Aufgabe geht.

    Ich vermute, es geht einfach darum, eine Art "Durchsatzfunktion" zu ermitteln und diese zu optimieren.

    Zunächst sollten wir uns einmal definieren, was "Durchsatz" genau heißt. Ich verstehe im Folgenden darunter die Anzahl an Autos, die pro Zeiteinheit einen Messpunkt (z.B. einen Fahrzeugzähler an einer beliebigen Stelle auf der betrachteten Straße) passieren. Nun müssen wir das in eine Formel verpacken, um später damit rechnen zu können. Die Einheit der Größe "Durchsatz" sollte dann wohl so etwas wie "1/s" oder "Hz" sein.

    Wie kann man sich die Formel herleiten?

    Ich würde so ansetzen: Die Fahrzeugkolonne bewegt sich mit einer Geschwindigkeit "v" (in m/s). Nun betrachtet man alle Fahrzeuge als kontinuierlichen Strom (der sich mit der Geschwindigkeit "v" bewegt) und will man nun auf die einzelnen Autos runterrechnen, dividiert man das Ganze durch die Länge, die ein Auto "für sich in Anspruch nimmt" (damit meine ich die Summe aus Eigenlänge der Autos und den Abstand zwischen zwei Autos).

    Oder in Formeln ausgedrückt:[code]
    v
    D(v, l, d) = ---------------
    l + d

    Legende:
    - D: Durchsatz (in 1/s), hängt ab von v, l und d.
    - v: Geschwindigkeit der Kolonne (in m/s)
    - l: Eigenlänge eines Fahrzeugs (in m)
    - d: Distanz zwischen zwei Fahrzeugen (in m)[/code]
    Die Frage ist nun, welche Annahmen man macht. Ich würde vorschlagen, dass wir "l" (also die Eigenlänge der Fahrzeuge) festsetzen, also einfach "l" nennen und dieses "l" nicht mehr als Variable betrachten, sondern als Konstante. Mit anderen Worten: Wir betrachten alle Fahrzeuge als gleich lang.

    Wenn wir zunächst auch "d" als konstant betrachten, dann hätten wir als Formel:[code]
    v
    D(v) = ---------------
    l + d
    [/code]
    Das zu optimieren wäre allerdings trivial. Je höher die Geschwindigkeit, desto höher der Durchsatz.

    Laut Deinem zweiten Posting soll man aber "d" nicht konstant lassen, sondern an die Geschwindigkeit anpassen. Denn ließe man es konstant, würde ja die Unfallgefahr bei höherer Geschwindigkeit extrem steigen (jetzt könnte man noch "Vollbremswahrscheinlichkeiten" und "Unfallwahrscheinlichkeiten" einführen, aber ich denke, das würde dann zu weit führen, oder?).

    Also machen wir "d" wiederum abhängig von der Geschwindigkeit. Nur wie?

    Dieses "d" ist die Distanz zwischen zwei Autos. Angenommen, die Fahrzeugkolonne bewegt sich mit der Geschwindigkeit "v" vor sich hin und Auto n1 macht eine Vollbremsung (aus welchem Grund auch immer). Wenn der Fahrer von Auto n2 (Annahme: n2 fährt hinter n1) dies bemerkt, muss er zuerst reagieren und dann abbremsen. In beiden Stadien legt er noch Weg zurück, abhängig von "v". Wenn wir also "d" so wählen, dass bei gegebener Geschwindigkeit "v" die Distanz "d" gerade der Summe aus Reaktions- und Bremsweg entspricht, arbeiten wir quasi optimal (d.h. wir haben keinen durchsatzmindernden unnötigen Abstand) und können (wenn sich die Reaktions- oder Bremsweg nicht über die im Folgenden gemachten Annahmen hinausbewegen) Zusammenstöße immer vermeiden.

    Wie zerlegen also "d" in "d = r + b", wobei "r" der Reaktionsweg und "b" der Bremsweg ist. Sowohl "r" als auch "b" hängen von "v" ab, sind also Funktionen von "v". Unsere Formel würde dann so aussehen:[code]
    v
    D(v) = -------------------
    l + r(v) + b(v)
    [/code]

    Wie errechnen wir sinnvollerweise r(v) und b(v), wenn wir "v" kennen?

    Aus der Fahrschule erinnere ich mich, dass man als Reaktionszeit ("Wie lange dauert es, bis ich die Bremse betätige, nachdem ich entdeckt habe, dass es vor mir ein Hindernis gibt?") eine Zeit von einer Sekunde ansetzen kann (Rauschmittel- und Medikamenteneinfluss und evtl. hohes Alter des Fahrers mal außen vor gelassen ;-)).

    Das heißt: In einer Sekunde legt ein Auto bei der Geschwindigkeit von v0 m/s einen Weg von v0 Metern zurück (fährt ja während der Reaktionszeit des Fahrers ungebremst weiter). Also ist r(v) = v [m/s] * 1 [s] = v [m].

    Nun hat das Fahrzeug also "v" Meter zurückgelegt. Jetzt beginnt die Bremswirkung des Fahrers, wir wollen also nun "b(v)" betrachten: Geht man hier davon aus, dass die Bremskraft und damit die Beschleunigung entgegen der Fahrtrichtung von der Geschwindigkeit unabhängig ist, kann man ansetzen:[code]
    s(t) = 1/2 * a * t^2 + v0 * t
    [/code]

    Unser "a" ist unsere (negative) Beschleunigung (negativ, da sie ja entgegen der Fahrtrichtung gerichtet ist). "v0" ist die Geschwindigkeit, die das Fahrzeug vor Beginn des Bremsvorgangs hatte. Uns interessiert, wie groß "s" ist, wenn das Fahrzeug steht. Wir wissen weiterhin (Herleitungen gibt's bei Bedarf), dass bei gleichmäßig beschleunigten Bewegungen gilt:[code]
    v(t) = a * t + v0
    [/code]
    D.h. die Geschwindigkeit nach einer gewissen Bremszeit ist die Summe aus Anfangsgeschwindigkeit "v0" und des Produkts aus (negativer) Beschleunigung und der Bremszeit "t".

    Wir interessieren uns direkt aber gar nicht für die Zeit "t", sondern wollen einfach den Bremsweg haben, also "s(t)", wenn wir so lange gebremst haben, bis "v(t) = 0" gilt, das Auto also steht.

    Also setzen wir "v(t) = 0" und lösen wir "v(t)" nach "t" auf und setzen das für "t" dann in "s(t)" ein:[code]
    v(t) = a * t + v0 = 0
    <--> a * t = -v0
    <--> t = -v0 / a

    Einsetzen von "t = -v0/a" in "s(t)" ergibt:

    s(t) = 1/2 * a * t^2 + v0 * t
    <--> s(t) = 1/2 * a * (-v0/a)^2 + v0 * (-v0 /a)
    <--> s(t) = 1/2 * a * (v0^2/a^2) - v0^2 / a
    <--> s(t) = 1/2 * v0^2 / a - v0^2 / a
    <--> s(t) = -1/2 * v0^2 / a
    <--> s(t) = -v0^2 / (2a)
    [/code]

    Unser "s(t)" hängt eigentlich gar nicht mehr von "t" ab, sondern von "v0" (der Anfangsgeschwindigkeit) und von "a" (der Bremsbeschleunigung), also sollten wir statt "s(t)" besser "s(v0, a)" schreiben.

    Aber: Die Bremsbeschleunigung würde ich als fest annehmen (also für alle Autos gleich, wie die Fahrzeuglänge und die Reaktionsgeschwindigkeit der Fahrer auch). In der Fahrschule gibt's ja eine "Faustformel" für den Bremsweg, und da nimmt man als Beschleunigung bei einer normalen Bremsung an: a=-3,86 m/s^2 (dieser Wert ist ganz praktisch, wenn man nicht mit [m/s], sondern mit [km/h] rechnet (man kann dann als Bremsweg ansetzen: "Bremsweg = v/10 * v/10")).

    Also setzen wir nun unseren Bremsweg wie folgt zusammen:[code]
    s(v0) = -v0^2 / (-2 * 3,86 m/s^2)
    <--> s(v0) = v0^2 / 7,72 m/s^2
    [/code]

    Nun ergibt sich für den Anhalteweg (= optimale Distanz zwischen jeweils zwei Fahrzeugen):[code]
    d(v) = r(v) + b(v)
    d(v) = v * 1s + v^2 / 7,72 m/s^2
    [/code]
    Von den Einheiten her passt's auch:
    [code]
    d(v) = [m/s] * [s] + [m^2/s^2] / [m/s^2] = [m]
    [/code]

    Unsere Gesamtformel können wir nun also so anschreiben:[code]
    v [m/s]
    D(v) = ---------------------------------------------
    v^2 [m^2/s^2]
    l [m] + v [m/s] * 1 [s] + ---------------
    7,72 [m/s^2]
    [/code]

    Wenn ich dich richtig verstanden habe, geht es nun darum, diese zu optimieren, sprich das "v" zu finden, sodass "D" möglichst groß wird.

    Also leiten wir "D(v)" nach "v" ab, dazu schreib' ich das mal kompakter (ohne die Einheiten):[code]
    v
    D(v) = -------------------
    v^2
    l + v + ---
    a

    v: Geschwindigkeit der Fahrzeuge in der Kolonne
    l: Fahrzeuglänge (konstant, "l")
    a: Beschleunigung (konstant, "2 * 3,86 m/s^2")
    [/code]

    Hier hilft jetzt die Quotientenregel (Genaueres bei Bedarf). Konkret gibt das dann (wenn ich mich nicht verrechnet habe):[code]
    dD(v) l + v + v^2/a - v - 2v^2/a l - v^2/a
    ----- = --------------------------- = -----------------------
    dv (l + v + v^2/a)^2 (l + v + v^2/a)^2
    [/code]
    Nun setzen wir die Ableitung = Null. Dazu müssen wir lediglich den Zähler Null setzen (und dann strenggenommen noch aufpassen, dass der Nenner nicht Null wird), da ein Bruch dann Null wird, wenn sein Zähler Null ist, also:[code]
    l - v^2/a = 0
    <--> l = v^2/a
    <--> v^2 = l * a
    <--> v = Quadratwurzel (l*a)
    [/code]
    Eigentlich gibt's noch eine zweite Lösung (v = -Quadratwurzel (l*a)), aber die negative Geschwindigkeit macht hier keinen Sinn (wäre dann halt eine Rückwärtsfahrt).

    Mit anderen Worten: Der Durchsatz wird extremal, wenn die Geschwindigkeit gleich dem Betrag der Quadratwurzel aus dem Produkt von Fahrzeuglänge "l" und Beschleunigung "a" ist. Man müsste jetzt eigentlich noch schauen, ob der Durchsatz wirklich "optimal" (also maximal) ist oder ob es ein Minumum ist.

    Zeichnet man aber die Durchsatzfunktion "D(v)" auf, dann sieht man schön, dass es tatsächlich ein Maximum und kein Minimum oder Sattel ist.

    "a" war hier als Abkürzung für "7,72 m/s^2" gedacht, "l" haben wir einfach als "l" gelassen. Da kannst Du ggf. für "l" realistische Werte (z.B. vier Meter) einsetzen. Bei einer Fahrzeuglänge von vier Metern wäre dann die optimale Geschwindigkeit bei einer Kolonnenfahrt (also Straße maximal ausgelastet, Fahrzeuge alle mit Anhalteweg als Abstand voneinander) also:[code]
    v = Wurzel (4 m * 7,72 m/s^2)
    v ~ 5,6 m/s = 20 km/h
    [/code]

    [Fortsetzung folgt...]

  6. Nach oben    #6

    44 Jahre alt
    aus Ulm
    332 Beiträge seit 11/2002
    [...Fortsetzung]

    Nimmt man an, dass die Fahrzeuge "doppelt so gut" bremsen können (was ja nicht nur von den Bremsen, sondern u.a. auch von Wetter, Straßenbelag und Reifen abhängt), dann sind es ca. 28 km/h (manchmal lernt man in den Fahrschulen noch eine zweite Formel für den Bremsweg für eine "Voll-/Gefahrbremsung", bei der die Bremsbeschleunigung doppelt so angesetzt wird, also anstatt den hier verwendeten 3,86 m/s^2 die 7,72 m/s^2). Beachte: Die 7,72 steht bei mir ja auch überall in der Rechnung drin, das liegt aber an der "2", die ich in das "a" beim Formelvereinfachen reingesteckt habe. Ich habe durchweg mit "a=3,86 m/s^s" gerechnet und kommt auf ca. 20 km/h. Bei Einer Bremsbeschleunigung von "7,72 m/s^2" komme ich auf die oben erwähnten 28 km/h als optimale Geschwindigkeit.

    20 km/h oder auch 28 km/h sind nicht besonders viel. Will man schneller fahren, dann muss man (wenn man Unfälle in jedem Fall vermeiden und die in der Fahrschule gelernten Abstände einhalten will) die Abstände vergrößern. Damit verringert sich in der Tat der Durchsatz. Ich bin selber etwas überrascht, dass da so niedrige Geschwindigkeiten rauskommen. ;-)

    Warum fährt man dann in der Praxis meist schneller? Klar, nicht jede Fahrt ist eine Kolonnenfahrt (von Berufs-/Feierabend- und Urlaubsverkehr mal abgesehen). Wenn die Straßen nicht dicht gefüllt sind, kann schneller gefahren werden. Andererseits wird halt auch oftmals der Anhalteweg als Mindestabstand nicht eingehalten (die zum Quadrat der Geschwindigkeit proportionale Zunahme des Bremswegs wird gerne unterschätzt), daher gibt's in der Praxis eben bei Vollbremsungen häufig Auffahrunfälle.

    Ich hoffe, das war so in etwa das, was Du hören wolltest... Man könnte jetzt noch bzgl. Staubildung und -auflösung abschweifen und noch irgendwelche empirisch erhobenen Unfallwahrscheinlichkeiten ins Spiel bringen.

    Wenn etwas unklar ist, frag' einfach nach und falls ich irgendwo Fehler gemacht habe, korrigiert mich bitte.

    Viele Grüße,
    Steffen

  7. Nach oben    #7
    omfg. ich hoffe nur das son scheiss nicht in meiner ausbildung vorkommt, sonst bin ich ziemlich schnell am arsch ^^ war noch nie ein mathe genius ^^

  8. Nach oben    #8

    44 Jahre alt
    aus Ulm
    332 Beiträge seit 11/2002
    Zitat Zitat von cheekwaii
    bremsweg und schrecksekunde müssen berücksichtig werden, daher geht schnellst mögliche geschwindigkeit nicht.
    Noch eine kleine Ergänzung (fiel mir beim Mittagessen ein): Ich habe bei meiner Rechnung basierend auf Deiner Aufgabenstellung immer Bremsweg und Reaktionsweg (also den Anhalteweg) in die Rechnung aufgenommen.

    Man kann auch eine Modellrechnung machen und dabei für den Abstand nur den Reaktionsweg (also die "Schrecksekunde") berücksichtigen (was in der Praxis aber zu wenig ist). Den Anhalteweg als Ganzes zu nehmen ist aber auch nicht nötig (wenn man nicht mit einem plötzlich stehenden, sondern mit einem plötzlich bremsenden Hindernis (mit gleicher Bremsbeschleunigung wie das eigene) rechnen muss). Denn den Anhalteweg als Abstand zu haben (wie ich es vorher gerechnet habe), würde ja bedeuten, dort zum Stehen zu kommen, wo der Vordermann zu bremsen begonnen hat (also seine Bremsleuchten eingeschaltet hat). Eigentlich würde es ja (zumindest in der Theorie) reichen, unmittelbar hinter der Stoßstange des Fahrzeugs des Vordermanns zum Stehen zu kommen.

    In der Praxis wird es wohl auf einen Abstand, der zwischen dem Anhalte- und Reaktionsweg liegt, rauslaufen. Ich habe soeben auch mal nach diesem Problem gegoogelt, siehe hierzu:Zumindest in der erstgenannten Quelle wird auf die Frage "Was nimmt man als Abstand?" auch näher eingegangen.

    Steffen

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