Liebe(r) Vrchlabi,

Zitat Zitat von Vrchlabi
ich finde es gut, dass du die Vergleiche ziehst, allerdings finde ich es überhaupt nicht angebracht, den Vergleich ständig mit den USA zu ziehen. Die Vereinigten Staaten dürfen, wie ich finde, niemals als unser Vorbild gelten.
Du hast recht. Eine 200 Jahre währende demokratische Kultur zu haben und die Speerspitze der freien Welt zu sein, sollten wirklich nicht das Ziel der Europäer oder gar der Deutschen sein. Es gibt so vieles, das Europa den ungehobelten Cowboys von Übersee voraus hat: Agrarsubventionen für französische Bauern, die den afrikanischen Staaten den Getreideexport erschweren, eine EU, die mit einem administrativen Wasserkopf das wirtschaftliche Potential ihrer Mitgliedsstaaten aufweicht, und speziell für die Deutschen Hitler, der immer herhalten muss, wenn es um Krieg oder Frieden geht.

Zitat Zitat von Vrchlabi
Die meisten Europäer haben es bereits mehrmals kund getan, dass sie klar gegen die Linie der USA stehen. Ein Präsident wie George Bush mit einer Politik des Maschinengewehrs kann kaum ein Vergleich für unsere moderne europäische Gesellschaft sein.
Also ich habe das nicht Kund getan, und ich kenne viele Leute, die da mit mir einer Meinung sind. Ich habe lieber eine Politik des Maschinengewehrs anstatt einer Politik der Atomwaffen und des Judenmordes, wie es einige andere Staaten im Sinn haben. Kann ja sein, dass man das im "modernen" Europa anders sieht, ich sehe das jedenfalls so.

Zitat Zitat von Vrchlabi
Genau wie *cR4cK-b1TcH* sehe ich die Integration der schwarzen Bevölerung und anderer Minderheiten in den USA als nicht fortgeschritten an. Die meisten Afroamerikaner sind sogar dort geboren. Unsere Einwanderer sind tatsächlich richtige Einwanderer, die erst vor kurzer Zeit (10 bis 20 Jahre) nach Deutschland gekommen sind.
Und gerade weil die schwarzen Amerikaner in den USA geboren sind, fordern sie ihre Rechte als Amerikaner. Ich sage: richtig so. Wenn sich die Einwanderer hierzulande (Achtung, bewusst gewählte Pauschalisierung!) auch nur eine Scheibe vom Patriotismus der schwarzen US-Bevölkerung abschneiden würden, hätten wir das Problem der Parallelgesellschaften nicht.
Zu den anderen Minderheiten hat Marsmensch schon etwas gesagt, das ich voll und ganz unterstütze.

Zitat Zitat von Vrchlabi
Wir sollten uns lieber eine gelungene Integrationspolitik ansehen, wie z.B. die in Schweden, Norwegen oder Großbritannien. Die USA sind das weitaus schlechteste Beispiel für fast alle politischen Vergleiche.
Du meinst das Schweden, in dem eine große muslimische Gemeinde getrennte Rechte für Mohammedaner fordert? Und du meinst das Großbritannien, in dem Muslime auf die Straße gehen und offen "Burn UK" oder "Europe you will pay, your 9/11 is on its way" skandieren? Das nennst du gelungene Integrationspolitik?

Zitat Zitat von Vrchlabi
Genauso sehe ich das auch mit der staatlichen Bildung. Du sagst, dass die Erziehung primär von der Familie ausgehen sollte. Ich sehe das genauso, ich denke aber auch, dass der Staat dabei eine mitentscheidende Rolle spielen sollte. Die Bildung und Erziehung unserer Bürger erfolgt bereits in unseren Bildungseinrichtungen. Wir erlernen die Grundlagen moderner Gesellschaften und müssen Grundrechte verstehen. Kein Lehrer oder sonst ein Pädagoge würde die Todestrafe unterstützen oder einem Schüler zustimmen, der diese unterstützt.
Die Bildung erfolgt in den Schulen über die Lehrer, da hast du Recht. Die Erziehung erfolgt aber eher durch die Mitschüler, in deren Umfeld man soziale Kompetenzen erlernt.
Und dass kein Lehrer einem Schüler zustimmt, der die Todesstrafe unterstützt, kann ich so nicht bestätigen. Als bei uns in der Schule die Diskussion um dieses Thema aufkam, haben sich die Lehrer immer zurückgehalten und den Moderator der Diskussion gespielt, i.e. sie sind neutral geblieben und haben die Schüler miteinander darüber diskutieren lassen, bevor oder nachdem die staatliche Sicht der Dinge verklickert wurde.

Zitat Zitat von Vrchlabi
Deine Behauptung die Eltern hätten die Erfahrung im Beispiel Drogenmissbrauch in ihrer Jugend selbst gemacht und könnten daher aus ihrem eigenen Erfahrungsreichtum beraten und entscheiden halte ich für grundlegend unstimmig. Exctasy wurde erst mitte der 90er zum Schlager und war in den 70er und 80er namenlos. Dass viele Eltern private Drogenberatungen erst aufsuchen, wenn die Nachkömmlinge bereits in Problemen stecken kann in unserer Präventiv-Gesellschaft nicht als Optimum hingenommen werden.
Also wenn ich dich richtig verstehe, dann sollen auch alle bisherigen Eltern einen solchen "Elternführerschein" nachmachen müssen? Ich dachte, dieses Modell staatlicher Entmündigung zielt auf die Zukunft ab, aber gut. Denn in den letzten Jahren wurde man ja als Schüler in der Schule auf die Gefahren des Drogenmissbrauchs hingewiesen, was eine solide Grundbildung zukünftiger Eltern sein sollte. Wer sich darüber hinaus dafür interessiert, kann von sich aus Beratungsstellen aufsuchen und Informationsmaterial durchforsten.
Ich wollte auch nicht darauf hinaus, dass die Eltern selbst Erfahrungen mit Drogen haben, sondern dass sie bereits in ihrer Kindheit aufgeklärt wurden.
Außerdem gibt es mehr Drogen als nur Ecstasy. Gekifft wurde z.B. schon in den 60ern, und Opiate sind auch länger bekannt als nur 20 Jahre.

Zitat Zitat von Vrchlabi
Nochmals: Der Staat soll nicht den mündigen Bürger heranerziehen, aber er soll präventiv werdende Eltern und existierende Eltern aufklären, bevor Probleme entstehen. Die Erziehung und die Religion bleibt in der Familie. Doch viele Eltern scheinen mit den Gesellschaftlichen Problemen ihrer Kinder oftmals überfordert und von daher ist es auch Aufgabe des Staates die Eltern auf die Gesellschaftlichen Konflikte als Eltern einzustellen. Gerade bei immer jünger werdenden Eltern halte ich das für durchaus angebracht. Ein sehr guter Nebeneffekt wäre zudem, dass Eltern bei solchen Seminaren auch Kontakt zu anderen Eltern und eventuell erfahreneren Eltern machen können. Gerade das scheint jüngeren Familien schwer zu fallen.
Wie verträgt sich deine Forderung nach einem präventiv agierenden Staat mit der Ablehnung amerikanischer Außenpolitik, die "Präventivkriege" (ein Wort, das so für den Einsatz im Kosovo wie im Irak eigentlich nicht gelten kann) von Fall zu Fall unterstützt? Ist Prävention nun gut oder schlecht im Sinne der modernen europäischen Gesellschaftsordnung?

Wo genau zeigt sich die Überforderung der Eltern? Das Beispiel Rütlischule hast du zwar schon zu nennen versucht, aber es ist eben kein Beispiel dafür.

Und Kontakt können Eltern zu anderen Eltern auch über Elternabende und Elternstammtische erreichen, das ist nicht das Problem. Und für Tipps in Sachen Erziehung gibt es auch noch Großeltern, die helfen können und die oftmals mehr Erfahrung haben als frischgebackene Mütter und Väter oder staatlich bezahlte Elternerzieher.

Es bleibt dabei: der "Elternführerschein" ist ein Akt der Entmündigung.