Wenn man sich einmal anschaut, wie sehr der Computer innerhalb der letzten Jahre in den Klassenzimmern Einzug genommen hat, wird man feststellen, dass es nicht nur freiwillige Informatik- und MatheCAS-Kurse gibt, sondern dass man in der siebten oder achten Klasse ein Fach namens ‚ITG’ auf dem Stundenplan hat, das zwingend ist.
Doch was ist ITG? Zuerst einmal der Begriff: ITG bedeutet ‚Informationstechnische Grundbildung’ und soll den Sinn haben, den Schülern einen Einstieg in die Arbeit mit und am Computer zu geben. Klingt soweit viel versprechend, wenn man das, was man verspricht, auch halten würde. Aber das geht nicht, denn meist (wie z.B. auch bei mir) wird der ITG-Kurs von dem/der jeweiligen Mathematiklehrer/in gehalten – was nicht unbedingt heißen muss, dass sich die unterrichtende Lehrkraft mit Computern auskennt. So werden elementare Bereiche wie der Aufbau eines Computers kaum oder gar nicht besprochen, alles, was man dazu bekommt, ist ein fast lieblos hingeklatschter Tafelanschrieb, der die Arbeitsweise nach dem EVA-Prinzip erläutert, und das auch nur in Form von „Eingabe – Verarbeitung – Ausgabe“, dazu wird unter „Eingabe“ die Worte „Tastatur“ und „Maus“ geschrieben, unter „Verarbeitung“ kommt „Prozessor“ und unter „Ausgabe“ steht schlicht „Monitor/Drucker“. Selbst mein heißgeliebtes Computerbuch aus dem Jahre 1982 ist da ausführlicher, indem es diese Begriffe näher erklärt und einen Vergleich zwischen der menschlichen Problemösung und der des Computers zieht. Hier lässt sich schon erahnen, dass die Lehrkraft nicht wirklich selbst eine informationstechnische Ausbildung, geschweige denn einen Crashkurs in Sachen Computer, genossen hat, um nicht zu sagen, überhaupt Ahnung von Computern hat. Man kann noch so gut Mathe unterrichten, das heißt noch lange nicht, dass man genauso gut den Schülern beibringt, wie man mit dem Computer umgeht bzw. ihnen erstmal erklärt, wie dieser überhaupt funktioniert. Denn dann wird vom EVA-Prinzip direkt zu Speichermedien übergeleitet (denn die Regeln, wie der Computer Daten verarbeitet, müssen ja irgendwo gespeichert sein, ebenso wie die Daten selbst). Dass die lerneifrigen Schüler hier dann lernen, die 3,5“-Diskette sei im Moment das wichtigste Speichermedium und einen CD-Brenner könne sich kein Normal-Sterblicher leisten sei hier mal abseits gestellt, genauso wie die Tatsache, dass die Lehrkraft nie im Leben etwas von einem Medium namens „DVD“ gehört hat, weswegen es sie nicht in die Tabelle unter „Speichermedien“ schrieb. Und das ist so ziemlich das einzige, was man eigentlich im ITG-Kurs an Theorie lernt.
Dann der praktische Part, der im Vergleich zur einen Theoriestunde die meiste Zeit in Anspruch nimmt: Zuerst wird den Schülern die Funktionsweise einer Computertastatur erklärt, danach die einer Maus. Wer jetzt aber denkt, dass man sich den Aufbau eines Computers für den praktischen Teil aufgehoben hat, damit die Schüler dies lernen, indem sie es selbst greifen und anschauen können, der täuscht sich. Denn nachdem die Schüler nun mit Maus und Tastatur vertraut sind, werden sie ins kalte Wasser geworfen, indem man ihnen ein System vorsetzt, das nur in Firmennetzwerken oder eben an Schulnetzwerken verwendet wird, bei dem aber die (freigegebenen) Programme (meist ohnehin nur eines) durch lustige Symbole, die man mittels einfachem Klick aufrufen kann, dargestellt werden. Doch mit welchen Programmen erlernen die wissbegierigen Schüler den Umgang mit dem Computer? Mit einem Schreibprogramm, das seit Windows 3.x-Zeiten sowieso niemand mehr auf dem Rechner hat, einem unbekannten Mathematikprogramm, das anscheinend nicht mehr kann, als einfache Mathematische Figuren (Dreiecke, Vierecke und Kreise mit Tangenten) darzustellen, und einer -frühen- Version der Microsoft-Tabellenkalkulation ‚Excel’. Angesichts der Tatsache, dass die Lehrkraft eben Mathematik unterrichtet, wird die meiste Zeit dafür verwendet, sämtliche Tricks und Kniffe in selbigem Programm zu erlernen, das aber, wie man erfährt, für Einzelpersonen unerschwinglich ist, da es nur durch Schullizenzen zu erwerben ist, und es somit keiner auf dem heimischen Rechner installiert hat. Ebenfalls lernt man einige Tricks und Kniffe zur Arbeit mit dem Schreibprogramm, das aber auch unbekannt ist und, soweit ich informiert bin, die Arbeit daran eingestellt wurde, weswegen es seit dieser Zeit (1998/99) keine neue Version mehr gibt (zur Information: die Version, an der wir uns „austoben“ durften, war aus dem Jahr 1996), weshalb auch dieses Programm wohl keiner auf seinem Heimrechner haben dürfte. Zur Tabellenkalkulation gibt es nicht viel zu sagen, da die Doppelstunde darauf verwendet wird, eine Preisliste für ein Fest zu erstellen, bei der der Menüpreis automatisch aus den jeweilig enthaltenen Einzelpreisen errechnet wird – wenigstens etwas, das man an Wissen mitnimmt. Vielleicht liegt es auch am Pech, das meine Klasse mit der Lehrkraft hatte, denn der Parallelkurs behandelte mit seinem Mathelehrer (der gleichzeitig noch den Informatik-Kurs leitete) spannendere Sachen, wie z.B. Turbo-Pascal, oder durfte selbst einen Computer auseinander- und wieder zusammenbauen. Apropos Turbo-Pascal: In der Theoriestunde kam dann auch das Gespräch auf Programmiersprachen. Auf die Frage „Welche ist die am meisten verwendete Programmiersprache?“ antwortete ich, dass dies C++ sei, worauf mich die Lehrkraft fragend anblickte und sagte, sie kenne eine solche Sprache nicht. Die korrekte Antwort sei Turbo-Pascal. Außerdem seien FORTRAN, ALGOL und COBOL ebenfalls heutzutage sehr moderne und vielseitig eingesetzte Programmiersprachen.
Naja, es kann eben nicht jeder einen Informatik-Lehrer in Mathematik haben.
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