so... hier kann man also den Depri raushängen lassen?
Ich bin jetzt 24. Ich vermute, daß meine ersten depressiven Züge vor 12 Jahren auftraten. Vor etwa 9 Jahren habe ich mich verliebt. Es hätte fast geklappt, aber ihr war es nicht so ernst wie mir. Womöglich war das auch der Auslöser, ich denke jedenfalls, daß kein anderes Ereignis so große Auswirkungen auf den jetzigen Zustand hatte. Ich konnte mich seitdem nicht ansatzweise neu verlieben. Und ich bin zu ehrlich um einem Mädchen was vorzuheucheln. Es ist auch nicht so, daß ich nie Gelegenheiten gehabt hätte... Ich hatte nie eine Beziehung und auch immer nur ganz ganz wenige Freunde. Momentan bin ich mir nicht sicher, ob ich überhaupt Freunde habe. Inzwischen würde ich mich als emotionalen Authisten bezeichnen. Sehr Introvertiert, kontaktscheu, wortkarg, Angst vor dem Ausmaß, daß die eigenen Gefühle annehmen könnten. Ein Grund dafür mag in einer längeren Phase, die ich vor 6 Jahren hatte, liegen, die ich fast nicht überlebt hätte. Persönlich erzählt habe ich davon so direkt noch niemandem.
Ich denke die meisten Selbstmörder wollen nicht sterben. Jedenfalls wollte ich es nicht. Selbstmord ist keine Entscheidung, es ist ein verlorener Kampf. Und ich habe gekämpft. In dieser Phase hatte ich innerlich völlig abgeschaltet war wie unter Drogen (die ich zwecks Betäubung auch versuchte), war ständig konzentriert an nichts zu denken und nichts zu fühlen. Es fiel mir schwer, wenn ich mit dem Auto unterwegs war nicht an den nächsten Baum zu fahren. In der Zeit richtete ich mit meinem Vater zusammen mein Zimmer neu ein. Ich hatte ein schlechtes Gewissen deshalb. Ich dachte das lohnt sich nicht mehr für mich. Irgendwann war diese Phase vorbei. Auch im nachhinein bin ich mir nicht sicher, ob ich das einen Monat länger ausgehalten hätte. Und ob ich dasselbe nochmal aushalten würde. Ich würde sagen, daß ich die erste Schlacht nichtmal gewonnen habe. Ich habe nur bis zum Ende durchgehalten. Und ich habe Angst vor der nächsten.
Früher war es eigentlich immer so, daß meine Gedanken ständig um Dinge kreisten, die mich fertig machten zusammen mit einem ständigen Down-Gefühl. Seit etwa einem Jahr ist anders. Ohne konkrete Situationen und Gedanken schnürt sich die Kehle zu, alles zieht sich zusammen und drückt einen nieder. Es ist schwer zu beschreiben... ein schwarzes Loch in mir. Inzwischen studiere ich in meinem Wunschstudium. Es gab ne Aufnahmerüfung und ich gehörte zu den 10%, die angenommen wurden. Ich hab schon 5 Semester hinter mir, und mein Schnitt hat ne 1 vor dem Komma (mein Abi war mies, aber das interessierte mich auch nie). Mutti ist stolz auf mich. Oberflächlich gesehen bin ich also erfolgreich, soweit man das bisher sagen kann. Nunja, im momentanen Zustand habe ich Zweifel, daß ich weiterhin erfolgreich sein werde. Ich zweifel nicht an meinen Fähigkeiten, sondern an meiner Energie. Ich kann mich zu nichts mehr aufraffen.
Die Ironie des Schicksals will es anscheinend auch, daß ich mit den Dingen, die aus der Depression heraus entstehen, sehr erfolgreich bin (ein Kunstprojekt im Internet hat etliche internationale Auszeichnungen bekommen). Überhaupt hat sich mein ganzes Leben danach ausgerichtet. Ich weiß nicht, ob ich ohne Depressionen je dieses Bedürfnis gehabt hätte mich visuell auszudrücken, was mich ja aich beruflich in die jetzige Situation geführt hat. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen richtig glücklich zu sein. Ich kann mir nicht vorstellen, daß jemand nur aufgrund meiner Persönlichkeit an mir interessiert oder mit mir zusammen sein könnte. Wir leben in einer Spaßgesellschaft. Es ist auch nicht so, daß ich nie lache, aber die meiste Zeit bin ich geistig abwesend und, wie mir gesagt wurde, umgibt mich sowas bedrücktes, niedergeschlagenes. Ich rede sehr wenig. Kein Wunder, bei den letzten 12 Jahren. Ich muß zugeben, daß mir die Depressionen fehlen würden, wenn sie auf einmal weg wären. Ich kenne es nicht anders. Es gibt Phasen, wo ich denke "eigentlich fühle ich mich doch gar nicht schlecht", und wenn die Phase vorbei ist, dann denke ich "ja, ich fühlte mich nicht schlecht, aber auch nicht gut. ich fühlte garnichts". Aber irgendwie will ich so auch nicht Leben. In letzter Zeit machen sich auch im physikalischen Sinne selbstzerstörerische Gedanken breit.
Wegen der ständigen Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen (stundenlanges rumliegen bis man einschläft, am nächsten Morgen nicht aufstehen können) dachte ich, vielleicht stimmt ja auch was mit meinem Körper nicht, hatte mal gelesen, daß sowas auch vom irgendwelchen hormonellen Fehlfunktionen kommen kann. Ich rechnete zwar nicht wirklich damit, aber bin dann zum Neurologen. Nach 3 Minuten sprach ich nicht mehr mit ihm als Neurologe, sondern als Psychiater. Seit über 2 Monaten bekomme ich jetzt antidepressive Medikamente, eine Wirkung kann ich nicht feststellen. Gespräche gab es erst ein paar. Ich erwarte auch nichts davon.
Mein bisheriges Leben betrachte ich als verschwendet. Ich lebe es nur noch, weil ich es meinen Eltern und Gott schuldig bin. Vielleicht kommt ja noch was tolles. Wahrscheinlich bin ich auch an allem selber schuld. Ich habe nie gelernt mit meinen Gefühlen so umzugehen, wie andere es offensichtlich können.
Was mich durchhalten lässt, ist die Hoffnung daß es irgendwann besser wird. Blöd nur, daß ich den Glauben daran verloren habe. Und ohne Glaube ist Hoffnung furchtbar.
blablabla... das war die Kurzform.
Um einen Ansatzpunkt zum Antworten zu geben (falls jemand Lust hat): wurde irgendwem schonmal von Medikamenten & Psychiater geholfen?
Lesezeichen