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Gegenwelt
Falls euch die Dummheit der Menschen ankotzt und ihr sie manchmal am liebsten alle in Luft auflösen möchtet, schaut euch unbedingt mal "Gegenwelt" an, den neuen Roman von Dian_the_Saint.
Es geht um die Verlogenheit der modernen Zivilisation, um eine geheime Nazi-Wunderwaffe, und um ein paar vom Schicksal gebeutelte Jugendliche, die plötzlich in einen seit Jahrhunderten tobenden Krieg zweier Geheimbünde geraten. Vielleicht geht es aber auch um etwas ganz anderes.
Jedenfalls könnt ihr euch das komplette Buch auf der Homepage des Autors kostenlos durchlesen oder downloaden.
http://www.dianthesaint.de
Ich poste hier mal einen kleinen Auszug, damit ihr sehen könnt, ob das vielleicht was für euch sein könnte. (Entnommen mit Genehmigung des Autors)
KAPITEL 1
Es war ein kühler, verregneter Spätsommerabend im September 1993.
„Genau das richtige Wetter, um es endlich durchzuziehen.“, dachte Nikita Lorenz nach einem skeptischen Blick in den wolkenverhangenen Himmel. „Wenn es überhaupt ein richtiges Wetter für so etwas gibt...“
Der dürre, siebzehnjährige Junge mit den blonden, immer ein wenig in die Stirn hängenden Haaren, dessen Eltern ihn einst nach dem großen sowjetischen Staatsmann Nikita Chruschtschow benannt hatten, ohne zu ahnen, wie sehr ihr Sohn später einmal wegen dieses angeblichen Mädchennamens gehänselt werden würde, zog sich die Kapuze seines dunkelgrünen Pullovers noch ein wenig tiefer ins Gesicht und machte sich dann mit grimmiger Miene auf den Weg... mitten durch die zu dieser fortgeschrittenen Stunde menschenleere, erschreckend seelenlos wirkende Innenstadt.
Er wollte hinunter zu den Gleisen. Dorthin, wo die schnellen Fernzüge vorbeirauschten, die miteinander verbanden, was sich nicht im Geringsten verbunden fühlen wollte.
West und Ost... Die reichen Wohltäter aus den alten mit den hilfsbedürftigen Jammerlappen aus den fünf neuen Bundesländern... Den Rest der Welt mit Nikitas Heimatstadt Bitterwalde, die sich im Grunde nur durch die überregionale Bedeutung der örtlichen Müllverbrennungsanlage und der damit einhergehenden Luftverschmutzung von vergleichbaren ostdeutschen Provinz-Städten unterschied.
Kalt peitschte der Wind über die verlassene Hauptstraße, die aufgrund von längst überfälligen Belagsarbeiten wieder einmal auf nur eine Fahrspur verengt worden war.
Dutzende rhythmisch leuchtende Warnschilder flankierten den holprigen Bürgersteig, und Nikita kam nicht umhin, sich zu fragen, wieso sie immer nur einen kleinen Teil der Straße sanierten, anstatt endlich konsequent zu sein und die harten, quadratischen Kopfsteinpflaster komplett aus dem Stadtbild zu entfernen.
So war die Stadt jedenfalls weder DDR noch BRD, sondern irgendetwas Undefinierbares dazwischen, das wohl keinen Geschmack so richtig zufriedenstellen konnte... es sei denn, man stand auf Baustellen, Absperrungen und hässliche Plattenbauten, die in Ermangelung besserer Ideen einfach bunt angemalt wurden, um sie den daran vorübergehenden Menschen ein wenig humaner erscheinen zu lassen.
Hatte nicht einmal ein russischer General am Straßenrand zweidimensionale Häuser-Fassaden errichten lassen, um seiner Zarin bei deren Besuch eine florierende Stadt vorzugaukeln?
Genau dasselbe geschah derzeit in Bitterwalde... und das, obwohl die meisten Russen doch längst abgezogen waren.
Nach außen hin wurde, sobald ein wenig Geld im Stadtsäckel war, kräftig an der Fassade gefeilt... doch innen war alles verfault, verkommen, und über kurz oder lang dem Tode geweiht.
Nikita dachte an die unbeschwerteren Tage seiner Kindheit zurück. Damals, als seine Mutter noch bei ihnen wohnte, sein Vater eine gutbezahlte Arbeit hatte und irgendwie noch eine gewisse Ordnung existierte, die das öde Alltagsleben in einem festen Rahmen hielt.
Man wusste, dass die Menschen im Westen die bessere Musik hatten, schickere Klamotten trugen, und dass sie die Freiheit besaßen, jederzeit reisen zu können, wohin auch immer sie wollten.
Doch genauso ahnte man auch, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis sich das dekadente westliche System selbst zerstörte und der Sozialismus seinen weltweiten Siegeszug über den konsumverblödeten Rest der Welt fortsetzen konnte.
Schließlich lief in der DDR zwar vieles falsch, doch der Grundgedanke einer sozialistischen Gesellschaft war einleuchtend und längst nicht so verkehrt, dass man damals ernsthaft mit einem kompletten Zusammenbruch gerechnet hätte.
Als dann die Mauer fiel und alle Welt von „Wiedervereinigung“ sprach, herrschte in Nikitas gesamtem Viertel ein wahres Gefühlschaos, angesiedelt irgendwo zwischen überschwenglicher Freude und stillem, unterdrücktem Entsetzen.
Nur der kleine Nikita verstand irgendwie noch gar nicht, worüber sich die Erwachsenen alle so erregten. Der Himmel sah doch noch genauso aus wie zuvor, die Menschen auf der Straße verhielten sich wie immer, und auch in der Schule änderte sich nicht all zu viel, außer, dass man auf einmal weniger Lieder sang als früher und das Angebot an Freizeitaktivitäten stark eingeschränkt wurde.
Der Verfall begann schleichend.
Für Nikita vielleicht mit dem Tag, an dem es so aufdringlich an der Tür klingelte, als ob es um Leben und Tod ginge.
Nikita öffnete und erblickte einen älteren, bebrillten Mann, der einen schwarzen Aktenordner unterm Arm trug und alles andere als ihr Überleben im Sinn hatte.
„Tach Kleener... Is dein Vati da?“, hatte er den damals vierzehnjährigen Jungen mit deutlich hörbarem Berliner Akzent gefragt. Nikita schüttelte nur stumm den Kopf, denn sein Vater hatte Schichtdienst und kam für gewöhnlich nie vor Mitternacht nach Hause.
„Dein alter Herr hat noch ne janze Menge Schulden offen.“, meinte der Fremde an der Tür routiniert. „Ick bin bevollmächtigt, eure Bude zu durchsuchen. Na, dann woll’n wer mal.“
Noch bevor Nikita dem Mann die Tür vor der Nase zuschlagen konnte, hatte ihn dieser achtlos zur Seite gedrückt und sich daran gemacht, die gesamte Wohnung auf den Kopf zu stellen.
Er nahm nicht nur den neuen Videorecorder mit, auf den Nikita so stolz war... sondern auch die Schmuckschatulle, die Nikita von seiner Großmutter geerbt hatte, und den nagelneuen CD-Spieler aus dem dicken westdeutschen Versandhauskatalog, der pünktlich alle drei Monate beim gesamten Block in den Briefkästen steckte.
„Wenn dein Vati wiederkommt, sagste ihm, dass er jetzt noch knapp 400 D-Mark zu blechen hat, wa? Und er soll sich beim nächsten Mal jefällichst vorher überlegen, was er sich anschafft. Sonst sitzt ihr beiden schneller auf der Straße, als ihm lieb ist. Sowas geht in unserem neuen Deutschland nämlich janz fix!“
Nikita antwortete nicht.
Stattdessen wartete er geduldig, bis der unverschämte Eindringling wieder verschwunden war, und verbrachte den Rest des Abends damit, nachdenklich aus dem Fenster zu starren und sich zu fragen, wieso der fremde Mann so dreckige Lügen über seinen Vater verbreitete.
Wie viele Jungs hatte der kleine Nikita seinen Vater immer abgöttisch bewundert.
Papa - das war für ihn ein allwissender Superheld. Ein Riese von einem Mann, der der Welt befehlen konnte, stillzustehen oder sich schneller zu drehen, allein durch die unermessliche Kraft seines Willens.
Doch dieser unbesiegbare Riese schrumpfte mit jedem unbedacht im Zorn ausgesprochenen Wort, mit jedem neuen Mahnbescheid, mit jedem erneuten Zeichen seiner Unvollkommenheit.
Als er wenig später dann auch noch seinen Job verlor und eines Tages mit einem dicken Veilchen und einer blutig geschlagenen Lippe aus der Kneipe nach Hause kam, ahnte Nikita, dass sie sich längst auf Augenhöhe gegenüberstanden.
Nicht mehr lange, und er würde auf seinen Vater herabblicken... ihn verbittert als „Versager“ und „Alki“ bezeichnen. So, wie es die Nachbarn im Block schon seit geraumer Zeit taten.
Nikita ging damals auf die Rosa Luxemburg-Gesamtschule Bitterwalde.
Seine Klasse - vor allem ein Auffangbecken für den ganzen gesellschaftlichen Abschaum, der es sich nicht hatte leisten können, das sinkende Schiff „Ostdeutschland“ rechtzeitig zu verlassen.
Kahlgeschorene Babyskinheads, asoziale Schlägertypen und jede Menge anderer psychisch auffälliger Jugendlicher. Verlorengegangenes Strandgut eines Zeitalters, in dem man auf einmal nichts mehr zugeteilt bekam, sondern um jede noch so kleine Zuwendung erbarmungslos kämpfen musste.
Und mittendrin Nikita, der seit der Scheidung seiner Eltern nur noch ein Schatten des fröhlichen Kindes war, das ihm beim Betrachten von alten Fotografien aus glücklicheren Tagen entgegenlachte.
Nikitas ehemalige Freunde trafen sich nachmittags mit alten, pädophilen Nazis in stickigen Eckkneipen oder prügelten in den kalten Fluren der Schule auf schwächere Mitschüler ein. Und alle paar Monate wurde in seinem Block eine Wohnung frei, weil wieder jemand vom frei zugänglichen Dach des grauen Wohnkomplexes gesprungen war.
Es schien, als ginge alles den Bach runter. Die ganze beschissene Welt... all das, was Nikita in jüngeren Jahren noch so unbekümmert als seine Heimat bezeichnet hatte.
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05.04.2007, 12:26
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#2
ich glaub...da kommt keine antwort weil keiner bock hat des zu lesen...
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