Christenverfolgung im Irak
“In einer irakischen Stadt schickte ein Vater seine Tochter zur nahegelegenen Apotheke, um Medizin für ihn zu kaufen. Doch seine Tochter kehrte nicht wieder zurück. Die 16-jährige trug keinen Schleier und war somit als Nicht-Muslima deutlich zu erkennen. Daher vermutet ihr Vater, dass sie von muslimischen Fanatikern entführt wurde, tot ist oder zur Prostitution oder Heirat mit einem Muslim gezwungen wurde. Der Vater lebt heute im Ausland und trägt eine schwere Last auf seinem Herzen. Er fühlt sich mitschuldig am Verschwinden seiner Tochter. Einheimische Mitarbeiter und Christen berichten, dass Vergewaltigungen und Entführungen von jungen Christinnen gängige Mittel sind, um sie zum Übertritt zum Islam zu zwingen”. Das berichtet Open Doors in einem Sonderheft über den Irak.
Die offizielle Religion des Iraks ist der Islam. So legt es die Verfassung vom 15. Oktober 2005 fest. Zwar wird auch das Recht auf Religionsfreiheit eingeräumt, gleichzeitig aber heißt es: “Kein Gesetz kann verabschiedet werden, das mit dem islamischen Recht in Konflikt steht” (Art. 2.1.a, zitiert in: Religionsfreiheit weltweit. Bericht 2008 von Kirche in Not, S. 212). “Christen waren an der Aufsetzung dieser neuen Verfassung in keiner Weise beteiligt und forderten vergeblich die Streichung oder Änderung von Artikel 2.1.a” (ebd.). [Anm.: Und das soll ein Kreuzzug gegen den Islam sein, den die USA da geführt haben? Ein Marionettenregime?]
Die Baathpartei, die seit 1968 bis zum dritten Golfkrieg die Macht innehatte und säkularistisch-laizistisch orientiert war, hatte den Islam als Staatsreligion abgelehnt. Die Christen waren den Muslimen gleichgestellt, die fünf christlichen Hauptkirchen als juristische Personen anerkannt.
Der Irak hat fast 29 Millionen Einwohner, davon sind etwa 96 % Muslime. Der Bevölkerungsanteil der Christen liegt unter 2%. Davon sind gut 300000 Katholiken.
Die fünf christlichen Hauptkirchen sind die chaldäische-katholische, die syrisch-katholische, die syrisch-orthodoxe, die armenisch-orthodoxe und die assyrische Kirche des Ostens. Die größte Gruppe sind die chaldäischen Christen.
Seit 2006 haben die Übergriffe auf Christen durch islamische Extremisten, die in ihnen Verbündete der Amerikaner sehen, immer mehr zugenommen. Der Staat schaut oftmals hilflos zu.
“Christliche Familien werden zu Hunderten mitsamt ihrer Kinder ausgelöscht. CD-ROMs mit Aufnahmen von Hinrichtungen wurden in Briefkästen eingeworfen, um die Christen in Furcht und Schrecken zu versetzen und sie dazu zu bringen, ihre Kultusstätten aufzugeben, (zum Islam) zu konvertieren oder den Irak unverzüglich zu verlassen, wenn sie nicht dasselbe Schicksal erleiden wollten wie die Personen auf den Videos” (Mitteilungsblatt Saint-Pierre d’Antioche Nr. 36, November 2007, zitiert in Religionsfreiheit weltweit, S. 217).
Die Folge ist eine große Flüchtlingswelle unter Christen: Etwa 70.000 bis 100.000 Christen sind nach Syrien geflohen, 25.000 bis 30.000 nach Jordanien, 70.000 in die Kurdengebiete und weitere 70000 in andere Länder. Die Zahl der Christen ist seit 2003 bis heute von etwa 800.000 auf 200.000 bis 300.000 zurückgegangen.
Mit 3 Millionen Einwohnern ist Mossul im Norden des Iraks die drittgrößte Stadt des Landes. Sie gilt als eine Hochburg von Al Kaida, die sich anscheinend zum Ziel gesetzt hat, die Stadt von den Christen zu reinigen: Es werden Drohbriefe an christliche Familien versandt mit der Aufforderung, die Stadt binnen 24 Stunden zu verlassen. “Kein Christ darf in Mosul bleiben”: Mit diesen Worten forderte ein als Beamter getarnter, maskierter Terrorist zwei Christen zur Flucht auf (laut Sonderheft von Open Doors).
Es gibt Schuldzuweisungen an die Kurden, deren Milizionäre hinter den Anschlägen stünden. Für Basra im Süden des Iraks, das laut der Gesellschaft für bedrohte Völker bereits “christenrein” ist, kann dies jedenfalls nicht zutreffen.
Im Oktober 2008 sind in Mossul mindestens zwölf Christen ermordet worden, etwa 13000 Christen flohen nach Angaben des UNO-Flüchtlingshilfswerks aus der Stadt. Ob die Extra-Einheiten der Polizei, die daraufhin zum Schutz der Christen nach Mossul beordert wurden, an der bedrohlichen Lage dauerhaft etwas ändern können, erscheint fraglich. Tatsache ist jedenfalls, dass von den 300.000 Christen im Jahr 2003 nur noch 90.000 in Mossul leben.
Und die Hilfe des Westens? Deutschland hat sich bereit erklärt, 2500 Flüchtlinge aus dem Irak aufzunehmen. Österreich unter Innenministerin Maria Fekter lehnt dies ab, worüber sich der Ökumenische Rat der Kirchen bestürzt zeigte.
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