Rammstein wissen in ihrem neuesten Lied, America, was an den USA zu kritisieren ist: dass sie den Globus kulturell verheerten und vereinheitlichten. Alle Völker, Ethnien und Rassen hingen am Tropf der US-Kultur, Buddhisten essen Burger, der Moslem in der Wüste zieht die Nikes aus, bevor er den Gebetsteppich betritt usf. Die kulturelle Vielfalt, im Video so schön warm ausgeleuchtet und coloriert, werde durch den Einfluss der USA abgeschafft.
Morrissey weiß in seinem neuesten Album, Morrissey, you are the Quarry, was an den USA schlecht sei: dass sie so unperfekt sind wie alle; dass sie nicht so perfekt sind, wie andere nichtmals anstreben, es zu sein; dass es nicht „the land of the Free“ sei, weil „the President is never black, female or gay / and until that day / you’ve got nothing to say to me”. Weil Zugehörige bestimmter sexueller Präferenzen, die i.ü. in den Ländern, für die die USA der Todfeind sind, wegen dieser Neigungen gesteinigt oder verstümmelt werden, in den USA noch nicht Präsident geworden sind (sondern dort ‚nur’ sehr erfolgreich ihre Rechte sich erkämpfen können), deshalb weiß Morrissey aus old Europe („Irish blood, English heart“), „where you can shove your hamburger“. Die USA sind Teil einer weltweiten Malaise, aber sie müssen als deren Ausbund herhalten
Damit hat man die Elemente des Antiamerikanismus schon fast beisammen. Die Facetten dieses Ressentiments sind bekannt, denn es ist Allgemeingut; seine Kulturgeschichte findet sich dargestellt bei Dan Diner. Menschen, die Pampigkeit aus Mangel an Souveränität mit Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit verwechseln, schimpfen über ‚amerikanische Oberflächlichkeit’. Minderwertig und nur auf Geld aus seien die die Volksgesundheit schädigende Ernährung und die kulturelle Produktion. „Hollywood“ ist ein anderes Wort für Schein und Schund. Die ‚amerikanischen Verhältnisse’ stehen für wachsende Kriminalität und Gewalt, für soziale Kälte und Rücksichtslosigkeit, für Bildungsmisere und Dummheit. Weil in Amerika, dem „monetaristischen Weltzentrum“ (Langthaler & Pirker, 129f.), alles dem Geld anheim gegeben sei, verfalle die Gesellschaft und breite ihr Einfluss sich global aus. Antiamerikanismus tritt als Einspruch gegen Missstände auf, die angeblich von den USA ausgehen. Die „amerikanische Kosumideologie“ (121) errichte eine „US-Fremdherrschaft“ (130). „Hollywoods alles durchdringende kulturelle Uniformierung“ (121) ersticke die Eigenheiten der Völker.
[Das ist nur die Einleitung]
Lesezeichen