So, ich habe die letzten Monate an einem Drama geschrieben, welches momentan zwar noch nicht vollendet ist, ich aber dennoch mal einige Teile davon veröffnetlich möchte, um zu sehen, was die Leser (denen es nicht zu lang ist) davon halten.
nach dem prolog steigt man mit dem vorspiel direkt in die thematik und in das problem ein. in einem schwarzen raum befinden sich drei verhüllte gestalten, die ihre meinung zum thema lyrik vortragen. die ersten beiden loben die lyrik und zählen auf, welche möglichkeiten man durch sie hat, die dritte kritisiert und bezeichnet sie als instrument der lehrer, um den schülern eine meinung zu indoktrinieren. deshalb hier nun ein exzerpt aus der nachfolgenden diskussion:
DIE ERSTE.
Die Worte sprechen Schelmerei!
DIE ZWEITE.
So zieht die Bildung nun von hinnen!
Wer bist du, dass du solches sprichst?
DIE DRITTE.
Den Namen? Nein, den nenn’ ich nicht.
DIE ZWEITE.
Dann zeig’ uns schleunigst dein Gesicht!
DIE DRITTE.
Nicht bevor ihr den Mantel hebt
und ohne Maske vor mir steht!
DIE ERSTE.
So werf’ ich ab die Maskerade
und zeig mich ohne Barrikade.
Ich bin, was ich schon immer war,
ein Mitglied deutscher Dichterschar,
der Schöpfer von Luisen Miller –
(er wirft die Verkleidung ab)
es grüßt ergebenst: Friedrich Schiller.
DIE ZWEITE.
Auch ich werf’ nun den Mantel fort,
auf dass man sieht, an diesem Ort,
dass deutsches Schrifttum nie vergeht,
und quicklebendig vor dir steht,
Enttarnung ist darum von Nöten –
(er wirft die Verkleidung ab)
es grüßt der Dichterfürst, von Goethen.
SCHILLER.
Nun steh’n wir hier, du siehst uns klar,
zwei große Dichter, unleugbar.
Doch wissen wir noch nichts von dir –
DIE DRITTE.
Ich weiß, und darum folg’ ich nun,
dasselbe wie ihr zwei zu tun,
(er wirft die Verkleidung ab)
ein armer Schüler steht nun hier.
GOETHE.
Das hätte man sich denken können,
dass Schüler nichts von dem erkennen,
was wir uns dereinst ausgedacht!
SCHILLER.
So sag mir, kannst den Grund du nennen,
warum die Schüler uns verkennen,
warum kein Feuer sich entfacht?
SCHÜLER.
Es sind die strengen Lehrmethoden,
die ringen uns noch bald zu Boden,
sie schreiben vor, was richtig sei,
wie man Gedichte deuten muss,
was jener Text uns sagen will.
Sie lehren uns die Leserei,
so wie sie’s wollen, so diffus,
wir sind gebunden, bleiben still.
GOETHE.
Spricht hier die Wahrheit aus dem Schülermunde?
Oder tut Faulheit ihre Kunde?
SCHILLER.
Oder beschwert sich einfach schlicht
der Kleingeist?
SCHÜLER. Nein! So ist es nicht!
Was schriebt ihr, Goethe, wohl dereinst?
Dass nur das heilig glühend Herz
erkennen mag den schlechten Scherz.
GOETHE.
Ich weiß nicht recht, was du wohl meinst.
SCHÜLER.
Prometheus sagte doch dem Göttervater,
dass er erkannte ihr Theater,
dass er wohl sah,
wie’s wirklich war,
dass alle Knabenmorgenblütenträume
verfaulten an der Wahrheit Bäume.
GOETHE.
Ich seh’, du bist nicht schlecht belesen.
SCHÜLER.
Auch ich hab Ahnung vom Bildungswesen.
GOETHE.
Und auch den Inhalt gut erfasst,
doch weiß ich trotzdem nicht, was du hast.
SCHÜLER.
Dann lasst es mich euch nun erklären,
die Führung müsst ihr mir gewähren,
euch zu zeigen, wie es läuft,
dass sich zur Zeit nur Schlechtes häuft.
Die beiden dichter willigen ein und so führt der schüler sie in den klassenraum. dort treffen sie zuerst einige lyrische begriffe wie den reim, den jambus und weitere versmaße, ehe weitere schüler und letztendlich dann der lehrer eintritt und der unterricht beginnt. schiller und goethe geben sich als unterrichtsbesuch aus und beobachten das treiben. unterrichtsstoff ist goethes gedicht "zum maifeste", welches interpretiert werden soll. der lehrer ruft Robert, einen weiteren Schüler, auf, welcher folgendes preis gibt:
ROBERT (erhebt sich).
Ich denk, der gute Herr von Goethe wollte damit sagen,
dass Liebe zur Natur und zu Andren am Menschen nagen.
Das lyrische Ich in dem Gedicht
ist wohl er selbst, so wie er spricht,
er hat wohl eine neue Liebe bei einer fremden Frau gefunden,
weshalb in der Natur er ist – für viele, viele Stunden.
Dort ist er sich nun, ob des lieblichen Gefühls,
all der Schönheit bewusst, dafür spricht recht viel.
Wenn die Freud und die Wonne der Natur ihm wohl leuchtet,
wenn die schön-golden Wolken erfüllen seine Brust,
wenn die Erd’ und die Sonne, das Glück und die Lust
das Feld seines Herzens mit Liebe wohl befeuchtet,
dann ist dies ein Ausdruck der lyrischen Liebe,
die der Dichter empfindet und die ihm wohl bliebe.
damit ist goethe aber nicht einverstanden, während der lehrer freundensprünge macht und lediglich einige kleinere ergänzungen gibt. nun steht der schüler auf und gibt seine interpretation in form eines mehrstrophischen limerick:
SCHÜLER (erhebt sich).
Herr Lehrer, Ihr habt meinen Dank,
ich hab meine Gedanken in Worte gefasst:
(künstlich-sachlich)
Es saß an der Feder von Goethe
und sah, dass durch lyrische Nöte
das Schreiben zerrinnt,
drum kam ihm in den Sinn,
dass der Alkohol Abhilfe böte.
So trank er den lieblichen Wein,
dass die Feder sich konnte erfreu’n
und dann sah dieser Dichter
wohl viele Gesichter
und schrieb solche Lyrik, wie fein!
War er seither in Not,
so verschmäht’ er das Brot
und trank gierig den lieblichen Wein.
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