Seid gegrüßt!
Seit ein paar Tagen weiß ich irgendwie nichtmehr ganz wo oben oder unten ist. Ich habe am Wochenende wohl eine der beeindruckensten Erfahrungen meines Lebens gemacht und irgendwie, scheint mir jedenfalls so, hat das einiges ins Rollen gebracht.
Ich bin 19 Jahre alt und gehe wie jeder Jungerwachsener gerne Abends weg. So auch letzten Samstag Abend. Wie der Zufall es so will ist wieder später geworden und ich kam einen Zacken zu spät aus der Shisha-Bar und habe meinen Bus nach Hause verpasst. Entweder ich warte jetzt über eine Stunde oder ich fahre mit dem Zug und laufe dann knapp 2 Kilometer. Ich habe mich für letzteres Entschieden und wäre auch ohne Probleme viel zeitiger zu Hause gewesen. Doch es kam alles ganz anders...
Erst einmal habe ich meine Ausstieg verschlafen und bin eine später raus was ca. 1 Kilometer mehr ausmacht (das ist aber eigentlich total egal) und dann traf ich unterwegs noch ein Mädchen.
Es war mitten in der Nacht gegen 3 Uhr, ich biege um die Ecke auf eine Hauptstraße an der eine Bushaltestelle ist ein und dann sah' ich sie....
Ich fragte sie, was sie um die Zeit hier macht und ob sie weiß ob hier vielleicht ein Bus in meine Richtung käme. Ihre Antwort: "Ich weiß es nicht". Ich habe sie gefragt wo sie hinwill. Ihre Antwort: "Ich weiß es nicht". Ich habe sie gefragt wo sie herkommt. Ihre Antwoirt: "Ich weiß es nicht". Sie ist hübsch, sehr sogar in meinen Augen. Sie hatte klare Augen und sah erschöpft aus. Ich habe ihr gesagt, dass ich in meine Richtung weitermuss und dass sie von dort aus auch besser wegkommt (wo sie hinwollte wusste ich nicht).
Wir unterhielten uns auf dem Weg, doch wir kamen nicht weit. Sie ist 16 Jahre alt, ein hübsches Mädchen, klare Stimme, 157cm groß.....und sie ist von zu Hause weggelaufen.
Auf die Frage warum liefen ihr Tränen über ihre durch Kälte gerötete Wangen. Wir setzten uns und sie erzählte mir praktisch ihr ganzes leben.
Sie lebt bei Adoptiveltern, ihre richtigen kennt sie nicht. Ihre Adoptivfamilie kommt nichtmehr mit ihr klar, sie wurde geschlagen. Als Reaktion darauf hat sie sich bei anderen das gesucht, was sie nicht bekommen hat und ist bei einem 57-jährigen Sadisten gelandet (die Geschichte erspare ich euch). Als Folge darauf hat sie sich selber durch SVV wehgetan. Ihre Arme waren noch blutig als ich sie traf.
Ich habe ihr zugehört, habe sie gefragt, habe sie reden lassen. Ich habe ihr dann angeboten, dass sie bei mir schlafen kann (keine Hintergedanken, es war kalt, Nachts um 3 Uhr und es fuhr nichts; ich wollte ihr helfen).
Sie schlief bei mir, nannte mich einen "Engel" und meinte, dass noch nie in ihrem Leben jemand so lieb zu ihr war. Das geht natürlich erstmal runter wie Öl. Sie hat am nächsten Morgen bei mir geduscht und gegessen. Wir haben überlegt was nun kommen soll und sind zu keinem Schluss gekommen. Sie wollte einen "Freund" anrufen ob er sie holt. Doch er rührte keinen Finger. Als nichts weiter rauskam haben wir beschlossen, dass sie noch eine Nacht bei mir pennt und sie am nächsten Tag zu ihrer Psychiaterin geht. Am selben Tag waren wir noch auf einem Konzert und hatten einen wundervollen Abend gemeinsam. Ihr ging es gut bei mir, sie hat wieder gelacht und es kehrte etwas wir Leben in ihre Augen zurück. Ab und zu machte sich zwar Verzweiflung breit aber auch diese war relativ schnell wieder verflogen..oder verdrängt.
Es kam wie es kommen musste. Wir haben in der darauf folgenden Nacht miteinander geschlafen. Ich wollte es erst nicht (wegen ihrer Vorgeschichte) aber habe mich dann doch dazu hinreißen lassen. Die Impulse gingen von ihr aus. Sie fand es auch alles toll meinte sie, doch am nächsten Tag ist sie fort zu ihrer Psychiaterin.
Jetzt das eigentliche Problem:
Ich versuche sie seitdem zu finden. Ich habe ihre Handynummer. Sie geht nicht ran und hat nur einmal geschrieben, dass sie in der Psychiatrie sei. Es ist eine offene in der sie 2 Stunden täglich Freizeit hat und alles machen kann was sie will.
Ich habe gestern und heute die ganze Stadt, nach einer Klinik abgegrast in der sie sein könnte. Ich habe noch nicht alles gemacht und ich denke, dass ich sie finden werde.
Doch warum tue ich das alles? Ich bin innerlich leer, vermisse sie aber tierisch. Ich kann sie nicht vergessen, ich will ihr zeigen, dass es sich lohnt wieder zu leben. Ich will nicht, dass sie in ein paar Tagen vielleicht wieder zu ihrer Familie muss. Ich will sie einfach nicht alleine lassen.
Doch was mache ich wenn ich sie gefunden habe? Wozu das alles? Was will ich damit erreichen? Ich habe gerade keine Ahnung mehr was mit mir los ist, ich kenne mich selber nicht so.
Soll ich sie suchen? Soll ich alles bleiben lassen? Wenn ja....ich kann es nicht, ich packe das nicht zu wissen, dass sie da draußen ist und keinen hat, keine Person zu der sie gehen kann. Sie weiß zwar wo ich wohne, aber ich glaube irgendwie nicht, dass sie zurückkommt. Sie hat sicher Angst, dass sie mir auf die Ketten geht oder sowas in der Art. Sie hat sich noch nie auf andere verlassen und alles selber gemacht; mit 'nem scheiß Ergebnis (aufgeschnittene Arme, vergewaltigt, Psychiatrie, abstoßende Familie)....
Ich weiß einfach nicht was los ist.
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